Lernstörungen, Prüfungsangst und dann noch Corona

Es kann sehr entlastend sein, zu hören, dass andere Studierende mit denselben Problemen zu kämpfen haben.

Fragen an die Psychologisch-Therapeutische Beratung für Studierende

Ein Studium unter Corona-Bedingungen ist für viele Studierende nicht leicht. Einsamkeit, Depressionen oder Prüfungsängste – die Sorgen wirken oft erdrückend. Wie können Studierende mit diesen Problemen umgehen? Wir haben hierzu mit Leonard Angelstorf, einem Psychologen und psychologischen Psychotherapeuten von der Psychologisch-Therapeutischen Beratung (ptb) gesprochen. Der ptb bietet Einzelberatungen und Gruppen-Coachings für Studierende sämtlicher Hochschulen in Hannover an.

Herr Angelstorf, die aktuelle Lage ist für viele Studierende ungewohnt. Daher wissen viele Studierende vermutlich nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen –  vor allem dann, wenn Probleme auftreten, die sie alleine nicht bewältigen können. In welchen Fällen könnten oder sollten Studierende mit der Beratungsstelle in Kontakt treten?

Die Pandemie hat den Studienalltag stark beeinflusst und wir bemerken deutlich, dass eine steigende Zahl an Studierenden darunter leidet. Die individuellen Problemlagen sind dabei sehr unterschiedlich: finanzielle Sorgen, Einsamkeit, Distanz zu Kommilitonen und zum Studium, Prokrastination und einiges mehr. Ich möchte jeden Studierenden, unabhängig von der individuellen Problemlage, ermutigen, sich Unterstützung bei der Bewältigung der Probleme zu suchen.

Je nach Situation oder Problem kann die passende Beratung unterschiedlich aussehen. Welche Beratungsmöglichkeiten gibt es aktuell für Studierende?

Das Angebot der ptb umfasst im Groben die Einzelberatung, offene Sprechstunden an verschiedenen Hochschulen in Hannover, die derzeit zum Großteil leider nicht stattfinden können, verschiedene Gruppenangebote wie zum Beispiel das Studienabschluss-Coaching und die Online-Beratung. Unsere Homepage www.ptb.uni-hannover.de gibt einen guten Überblick über sämtliche Angebote der ptb.

Auch wenn man sich als Studierender mit seinen Mitstudierenden austauscht, weiß man nicht immer, vor welchen Problemen diese stehen. Welche sind aktuell die häufigsten Probleme von Studierenden? Und welche Lösungen oder Ratschläge haben Sie für diese?

Die Probleme, die von Studierenden am häufigsten genannt werden, sind unter anderem: depressive Verstimmungen, Identitäts- und Selbstwertprobleme, Stressbewältigungsprobleme und Erschöpfung, Lern- und Arbeitsstörungen, Leistungsprobleme, Ängste und Prüfungsängste. Im Laufe der Pandemie sind auch die Themen Einsamkeit und finanzielle Probleme verstärkt aufgetreten. Allgemein kann ich nur den Ratschlag geben, über die eigenen Probleme und Belastungen zu sprechen und sich Unterstützung zu suchen. Dabei muss es nicht immer eine professionelle Beratung sein. Es kann auch sehr hilfreich sein, mit Freunden oder Verwandten zu sprechen.

Wir haben kürzlich Studierende im ersten und zweiten Semester befragt, wie sie das Studium unter Corona-Bedingungen beurteilen würden. Auffallend war in der Rückmeldung ein Gefühl von Einsamkeit durch fehlende Möglichkeiten, sich kennenzulernen. Was sehen Sie an der aktuellen Situation als besonders schwierig an?

Genau das. Der Austausch mit Kommilitoninnen und Kommilitonen, das gemeinsame Mittagessen, die Unterhaltungen vor oder nach einer Veranstaltung, der gemeinsame Kaffee zwischendurch: Das ist alles weggefallen. Und jetzt merken wir, wie wichtig diese „Kleinigkeiten“ für das allgemeine Wohlbefinden, die Freude am Studium, die Orientierung im Studium und die Bindung an das eigene Studium sind. Es kann sehr entlastend sein, zu hören, dass andere Studierende mit denselben Problemen zu kämpfen haben. Das Studium unter Pandemiebedingungen erschwert die Bindung von Studierenden an ihre Kohorte, an das Studienfach und an die Universität insgesamt. Es kommt zu einer Vereinzelung. Jeder studiert für sich und bleibt mit seinen Ängsten, Sorgen und Zweifeln oft alleine.

Sowohl Studierende wie auch Dozierende sind von den Corona-Bedingungen unterschiedlich betroffen und manchmal ratlos. Welchen Rat würden Sie Studierenden in der aktuellen Lage mit auf den Weg geben?

Studierende sollten versuchen, die Bindungen zu Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie zum eigenen Studium aufrechtzuerhalten. Zum Beispiel, indem man sich digital zum Lernen für Prüfungen in Kleingruppen verabredet oder aber auch zum privaten Austausch. Es geht darum, das, was weggefallen ist, so gut wie möglich zu kompensieren. Wichtig ist es auch, eine Tagesstruktur und die Trennung von Freizeit und Arbeit aufrechtzuerhalten und dazu möglicherweise Rituale einzubauen, die den Übergang von Freizeit zu Arbeitszeit und umgekehrt markieren. Zum Beispiel ein kurzer Spaziergang um den Wohnblock, der den Weg zur Universität oder eben den Heimweg simuliert. Die Zeit kann man dann nutzen, sich mental auf die anstehenden Aufgaben einzustellen oder den Arbeitstag noch mal Revue passieren zu lassen.

Wie können Studierende mit der Beratungsstelle in Kontakt treten?

Termine für ein Erstgespräch können während der Sprechzeiten unseres Sekretariats montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und während der Vorlesungszeit von 14 bis 16 Uhr telefonisch unter 0511-762-3799 vereinbart werden. Oder per Mail an info@ptb.uni-hannover.de.